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Von Muttererde beschenken lassen

Sonntag der 15.03.20 in Zeiten des Coroavirus.

 

Seit Tagen hat mich ein Gefühl im Griff, dass ich aus meiner Kinderzeit und als junge Erwachsene kenne. Tschernobyl und 9/11. Ganz genau das gleiche Gefühl. Ich versuche mir selbst zu helfen, aber es gelingt mir nur bedingt.

 

 

 

Am Sonntag halte ich es dann fast nicht mehr aus. Ich fühle eine solche Angst, dass ich keinen Bissen runter bringe. Ich sorge mich um meine Lieben und fürchte was da noch so alles kommen könnte! Ich kann diese ewigen Hiobsbotschaften nicht mehr ertragen. Den Virus fürchte ich gar nicht so sehr, da ich in mir, in meinem Körper eine starke Verbindung spüre und eine klare Kommunikation von Seele und Körper möglich ist. Und dennoch muss ich etwas tun, um diesen Gefühlshorror zu lösen. „Ich muss raus, raus an die Luft und am liebsten alleine, mich meiner Selbst widmen. Das ganze heilende Wissen, welches ich an meine Klienten weitergebe, mir selbst zukommen lassen. Endlich wieder klar und frei werden.“

 

 

 

Nun stehe ich am Feld, blicke in den blauen weiten, unendlichen Himmel und spüre die Sonne im Rücken. Der Boden hält mich fest und sicher. Ich atme tief, um mich meiner gesunden Lunge bewusst zu werden und lasse die Gedanken in meinem Kopf laufen. Ohne Bewertung. All die Eindrücke, Schlagzeilen, Informationen der letzten Tage flimmern durch meinen Kopf. „Geht, bitte geht!“ Ich lasse mich tragen, wärmen und während ich in den Himmel blicke, wird mir klar, wie klein und unbedeutend meine Angst ist, im Vergleich zu dieser Weite, dieses Lichts der Sonne und dem starken Boden auf dem ich stehe. „Angst, ich kenne Dich. Du bist alt. Sehr alt. Teilweise nicht mal nur meine. Die meiner Mitmenschen, die meiner Ahnen und der kleinste Teil wahrscheinlich meiner. Ich lasse Dich jetzt zu, um Dich zu verstehen.“ Was ich die ganzen Tage zuhause, auf Arbeit, im Alltag zurückgehalten habe, mich dagegen gewehrt habe, sprudelt hier draußen, fernab von allem einfach so aus mir heraus. Ich beginne so bitterlich zu weinen, als wäre jemand geliebter gestorben. Es fühlt sich wirklich an, als will irgendwas in mir gehen. Etwas altes, unerlöstes will endlich gesehen und verstanden werden. Und ich verstehe diese Trauer. Diesen tiefen Kummer, der nicht mehr existieren mag. Während ich weine, kaum dass ich zum Atmen komme, verstehe ich alles, was in dieser Angst und Trauer steckt. Das was meine … Urgroßeltern, Großeltern und Eltern zu ihrer Zeit erlebt haben und was durch sie in mir bis heute weitergelebt hat. Leider nicht nur das Gute, sondern auch die Angst, Verzweiflung, Hilflosigkeit und Trauer. Mütter sorgen sich um ihre Kinder, Kinder haben Angst um ihre Eltern. Mir fällt auf, keiner sorgt sich um sich selbst oder den Tod. Das ist das Thema meiner Ahnen oder uns aller? Wir sorgen und ängstigen uns immer vor der Vergangenheit und oder Zukunft. Nie dem Jetzt. Weil wir das Jetzt nicht zulassen, nicht kennen, weil wir immer hinterherhinken oder schon zwei Schritte voraus sind?

 

 

 

Es wird mir schon leichter ums Herz und dennoch kommt da noch mehr. „Ich muss Fremdenergie loslassen. Mich besser abgrenzen. Wenn ich an jemanden denke, mit ihm spreche oder zuhöre, auch wieder zu 100% rausgehen aus dieser Energie, diesem Gedanken. Ganz bewusst diese energetische Verbindung beenden!“ Ich lasse die Angst, Sorgen und den Kummer der anderen los. Wer sind die anderen? Manche kann ich beim Namen nennen, manche nicht, denn diese Angst liegt in der Luft. Ich lasse alles Ängstigende vom Wind wegtragen, der mir um die Nase weht. Ich wünsche jedem die besten Lösungen und dass jeder das Gute erkennen und annehmen wird.

 

 

 

Ich fühle mich so befreit. Jetzt erst beginne ich das Treiben um mich herum wahrzunehmen. Kleine grüne Vogerl zwitschern um die Wette. Völlig unbeeindruckt von meiner Anwesenheit. Ich stelle fest, welche Lautstärke aus so einem kleinen Körper kommt. Die Vogerl wirken glücklich, zufrieden und wirkungsvoll. Denn sie leben den Moment und freuen sich über die Sonnenstrahlen.

 

In der Ferne sehe ich Rehe in der Sonne liegen. Selbst die sind unbeeindruckt von dem Traktor, der am nächstgelegenen Feld seine Arbeiten verrichtet. Auch sie wollen die Sonne genießen und haben sich wahrscheinlich über die Jahre an den Menschen gewöhnt. Naja, viel Platz haben sie ja nicht mehr und sind dennoch zufrieden mit dem was sie vorfindent. Sie haben sich angepasst.

 

Ich blicke auf die andere Seite und mein Herz beginnt zu hüpfen. Kaninchen spielen fangen übers Feld. Ich liebe diese Lebendigkeit und Ausgelassenheit. Selbst von den Spaziergängern mit Hunden lassen sie sich nicht stören, bei diesem herrlichen Treiben. Ein Kaninchen spitzt die Ohren und beobachtet die Lage. Es wartet ab, ob es warnen muss. Doch als die Spaziergänger vorüber sind, entspannt auch dieses Tier wieder. Die anderen tun so, als wäre nichts gewesen.

 

Ganz in meiner Nähe landet ein Schwarm Krähen. Irgendwie steigen sie gemeinsam in die Lüfte und landen auch wieder gemeinsam an selber oder an einer anderen Stelle. Für sie wird das einen Sinn haben, welchen ich nicht erkennen kann. Aber eins nehme ich für mich mit:

 

„Die kleinen Vogerl erklingen so laut in dieser großen Welt, jeder wirkt mit seinem Gesang. Sie erfreuen sich des Moments. Die Rehe passen sich an und sind trotzdem entspannt und zufrieden. Die Kaninchen sind lebendig, spielen miteinander und warten ab, ob eine Flucht überhaupt notwendig ist. Einer passt auf, die anderen vertrauen auf den Aufpasser und genießen das Leben. Und die Krähen folgen ihrem Sein als Kollektiv!“

 

Wir sind alle miteinander verbunden, nicht nur im Hier und Jetzt sondern mit all unseren Ahnen und somit auch mit allen Generationen die da noch kommen werden. (Wenn wir die Ahnen sind) Mit allem Leben, dass im Hier und Jetzt mit uns existiert.

 

Diese Erkenntnisse und Erfahrung haben mir gezeigt, dass meine Angst, überhaupt nichts mit dem Coronavirus zu tun hat. Es war die Angst aus der Vergangenheit und die Angst vor der möglichen Zukunft. Wenn wir es schaffen, mehr im Moment zu leben, wie es die Tiere tun. Intuitiv, mit Akzeptanz, miteinander und uns einbringen auch wenn wir noch so klein erscheinen mögen, dann verblassen die Schrecken der Vergangenheit und die Horrorvisionen der Zukunft.

 

Das Beste ist, dass durch das Glück, das Miteinander, das Wirken und Akzeptieren im Jetzt, die Zukunft genau das für uns bereithält. Glück, Miteinander, Wirkungskraft und Akzeptanz.

 

 

 

Ich bin dankbar für diese Erfahrung.

 

 

 

Seit dem bin ich, ruhiger, besonnener und achtsamer, welche Gefühle mein Sein und Wirken beeinflussen. Nicht von jetzt auf gleich, aber jeden Tag ein bisschen mehr.

 

 

 

In diesem Sinne.

 

Herzlichst,

 

Alessandra Königsberger